• Gastsicht Profildetails Gastsicht Profildetails
  •  
Emily Wurramara & George Telek (Australien)

Emily Wurramara & George Telek (Australien)   Als Musiker-/In gekennzeichnet


Lieder des Widerstands von den Inseln Papua-Neuguinea & Groote Eyland

Die Frage von Restitution kultureller Güter im Kontext der Aufarbeitung von Kolonialgeschichte wird gerade in Europa heiß diskutiert. Die Wirkung von Kolonialgeschichte auf immaterielle kulturelle Ausdrucksformen wie Musik, Sprache und Identität ist der Fokus der Klangkosmos Konzerte zweier Protagonisten aus der Pazifik-Region:

George Telek aus Papua-Neuguinea, dem drittgrößten Inselstaat der Welt, der zum Australischen Kontinent gehört und Emily Wurramara von Australiens viertgrößter Insel Groote Eylandt.
 
Ursprünglich aus dem Arnhemland in der Region Northern Territory an der Nordküste von Australien kommend, zog Emily Wurramara im Alter von sechs Jahren zusammen mit ihrer Familie aufs australische Festland und wuchs ab da in der Millionenstadt Brisbane auf. Seitdem ist sie sowohl in der westlichen Kultur zu Hause, in der sie als Kind begann sechs Instrumente zu lernen und sich bis heute zu einer äußerst erfolgreichen Singer-Songwriterin entwickelte. Sie ist jedoch auch weiter fest verankert in ihrer ureigenen Kultur der Anindilyakwa-Aborigines, die immer schon Groote Eylandt bewohnten, auch wenn die Holländer dem Eiland als erste europäische Siedler den altniederländischen Namen „Große Insel“ gaben. Ihre Lieder singt sie nicht nur in Englisch, sondern zum großen Teil in ihrer Muttersprache Anindilyakwa. Dazu erzählt sie in ihren Songs oft die Geschichte und Geschichten ihres Volkes, ihrer Familie und besingt die Natur und Kultur ihrer Heimatinseln.
„Milyakburra“ ist der Titel von Emily Wurramaras Debütalbum, das im Veröffentlichungsjahr 2018 als bestes „Blues & Roots Album“ für den Aria Award nominiert war, Australiens wichtigstem Musikpreis für einheimische Musiker, und für das sie 2019 mit drei Queensland Music Awards ausgezeichnet wurde. Der Titel ihres ersten Albums bezeichnet dabei die  Gemeinde Milyakburra der kleinen Insel Bickerton Island nahe Groote Eylandt, auf der Emily Wurramara oft ihre Großeltern am Wochenende besuchte. Dazu erläutert sie: „Bickerton Island oder Milyakburra ist der Ort, an dem ich den größten Teil meiner Kindheit verbrachte. Ich fuhr immer von Groote auf einem kleinen Beiboot mit meinen Großeltern hin und zurück. Milyakburra ist der Ort, an dem sich meine Vorfahren von der Wurramara Sippe niederließen.“
In Milyakburra hörte Emily Wurramara oft Traumzeit-Geschichten von ihren Großeltern. Die Traumzeit-Legenden sind für die Aborigines ein zentraler Begriff ihrer Mythologie und erzählen in spiritueller Art vom Schöpfungsprozess, der sich bis in die Gegenwart auswirkt. Dazu begründet die Traumzeit die ungeschriebenen Gesetze, nach denen die Aborigines leben. Während einer ihrer Besuche war ein Begräbnis auf Milyakburra für Emily Wurramara, eines ihrer nachhaltig prägendsten Erlebnisse. Dazu erklärt sie: „Man entzündet dort, wo die Gräber sind, Feuer und mit dem Rauch bringt man die Geister auf den Weg hinüber ins nächste Leben. Ich erinnere mich, daß ich hinter meiner Mutter ging und all diese Stimmen der Männer hörte, die immer sangen und stampften und sangen und stampften und ich fand das so hinreißend und so schön, was sie sangen, daß es mich absolut fesselte.“ Zurück in Brisbane begann Emily Wurramara kurze Zeit später ihr erstes Instrument zu spielen. Nachdem sie das Spiel auf der Geige beherrschte, lernte sie später außerdem mit der Gitarre, Ukulele und den Keyboards Musik zu machen. 
Musik war für Emily Wurramara immer das Mittel, um in ihrer Kultur stark bleiben zu können, insbesondere, als sie sich als Kind in Brisbane dem Stadtleben anpassen mußte. Bis dahin hatte sie eine leichte Kindheit. Diese war geprägt von Wasser, Sand, Fischen, Musik, Festen und Treffen mit der Großfamilie. Als sie nach Brisbane kam, sprach sie fließend Anindilyakwa, aber hörte bald auf, die Sprache zu sprechen, weil es ihr peinlich war, daß all die anderen Kinder sie nicht verstanden und  nachfragten, wovon sie rede. Dafür singt sie heute umso selbstbewußter in ihrer ureigenen Sprache. Sie betont dabei, daß sie bei allem Stolz darauf, wer sie ist und was sie repräsentiere, nicht nur für sich selbst und ihre Kultur auftrete, sondern auch für die jungen Frauen und jungen Männer der kommenden Generation. „Ich möchte ihnen zeigen, daß man sich nicht dafür schämen muß, seine Kultur zu zeigen und sie zu erhalten. Ich möchte für unsere künftigen Generationen unsere Sprache archivieren, damit sie für sie stets verfügbar ist. Und welch besseren Weg gibt es, das über die Musik anzugehen?“
In ihrer unverfälschten Art berichtet Emily Wurramara mit Herz und großer Offenheit in selbstgeschriebenen Songs von wichtigen Ereignissen. In „Hey Love“ berichtet sie z.B. von einer wahren Begebenheit, die ihrer Mutter als junge Frau widerfuhr: aus rassistischen Gründen wurde sie in der Schule von nicht indigenen Mitschülern bespuckt und beschimpft. Ihre Mutter wehrte sich nicht, aber anschließend wuchs ihre Widerstandskraft. Es machte sie stärker und stolz darauf was und wer sie ist und das gab sie später an ihre Tochter weiter. So sei aus einer negativen Sache etwas Positives entstanden, resümiert Emily Wurramara. „Carry Me Home“ ist für die Musikerin ein anderer sehr spezieller Song, denn darin geht es um ihre Ururgroßmutter Gayangwa Lalara, die eine sehr weise Frau war und viele spirituelle Geschichten für die Frauen ihrer Gemeinschaft bereit hielt. Ein anderer ihrer Songs bezieht sich auf ihren Onkel Enoch, dem sie immer gerne beim Singen zuhörte, so wie allen anderen Onkeln, wobei ihr als Kind bereits auffiel, daß in der Öffentlichkeit Frauen nur selten sangen. Emily Wurramara will all ihre Hörer*Innen inspirieren, besonders ist ihr daran gelegen, daß junge indigene Frauen ihre Stimme finden. In ihren Songs erzählt die Australierin jedoch nicht nur von ihrer Familie, sondern auch von anderen beseelten Menschen, die bisher auf ihrer Reise eine Rolle gespielt haben.
 
George Telek, der Counterpart dieses Konzertabends, gilt in einigen Teilen der Welt als Legende. Der hochrenommierte Singer-Songwriter vom indigenen Volk der Tolai in Papua-Neuguinea (PNG) steht bereits seit mehreren Jahrzehnten an der Spitze der PNG Musikszene. Seit den 1970er Jahren hat er sich zu einem der bekanntesten Künstler Melanesiens entwickelt, wie die pazifischen Inselgruppen nordöstlich von Australien heißen, die von dunkelhäutigen Menschen besiedelt sind, die weder polynesische, noch mikronesische Sprachen sprechen. Bekannt geworden ist George Telek zunächst mit verschiedenen Musikgruppen, bevor er sich als Solo-Künstler etablierte.
Geboren 1959 im Dorf Raluana, etwa 20 Kilometer südlich gelegen von Rabaul, der Hauptstadt von East New Britain, eine der 21 Provinzen von Papua-Neuguinea am nördlichsten Punkt der Insel Neubritannien, lebt George Telek bis heute in seinem Heimatdorf am Pazifik. Dessen Idylle wurde 1994 von dem Ausbruch des Vulkans „Vulcan“ zerstört, ebenso wie die Hauptstadt Rabaul von Asche verschüttet wurde. Die Städte und Dörfer der Insel wurden inzwischen wieder aufgebaut. Da das Tolai Volk aber eine lebendige Musiktradition pflegt, hat sich ihr Songrepertoire seit dem katastrophalen Ereignis am Ende des 20. Jahrhundert erweitert. Handelten zuvor die traditionellen Songs der Gegend allein vom täglichen Leben, in Form von Liedern, die gesungen wurden, wenn die Leute Kokosnüsse sammelten, Bananen pflücken oder fischen gingen, findet nun auch der Vulkan seinen Platz in ihren Songs. George Telek singt dabei in seiner Muttersprache Kuanua sowie in der Kreolsprache Tok Pisin. In seinen lyrischen wohlklingenden Liedern greift er alte Traditionen der Tolai Kultur auf, wie die einzigartigen dreistimmigen Harmonien, die typisch für ihre Musik sind. Zudem läßt er traditionelle  Elemente wie „midal“ (magische Reize) und „malira“ (Liebesmagie) mitunter einfließen, die er gern mit einem eher modernen Pop Gefühl kombiniert oder er mischt melanesische Rhythmen mit zeitgenössischen Grooves und reichert sie mit Klängen der Umgebung an. Die überwiegend akustische Musik von George Telek ist durchaus beeinflußt von der Musik, mit der er aufwuchs. Dazu gehören auch Songs von den Beatles, Rolling Stones, Bob Marley und Chuck Berry. Neuere Popbands haben ihn danach zu atmosphärischen Grooves inspiriert, Massive Attack etwa und die Talking Heads und selbst die Neue Deutsche Welle hat Spuren hnterlassen. Elemente all dieser verschiedenen Künstler bzw. Musikrichtungen kann man in den Kompositionen von George Telek hören. Auch die Musik der sogenannten Stringbands hat er erforscht, die aus einfachen Saiteninstrumenten der Folkmusik bestehen und mit einer Mischung aus Gitarren, Ukulelen und verflochtene Gesangslinien und Harmonien einen einzigartigen Gospel-/ Country-/ Folkstil hervorbringen, welcher entlang des ganzen Pazifiks verbreitet ist. Mit seiner eindringlichen Stimme durchquert der Sänger und Gitarrist in seinen Songs viele Musikstile, fängt jedoch stets den Geist des stolzen kulturellen Erbes seines Tolai-Volkes von Papua-Neuguinea ein.
Obwohl George Telek stark in seinem Dorf verwurzelt ist, ist er der erste Sänger aus Papua-Neuguinea gewesen, der jenseits des Korallenmeers des Pazifiks in der modernen Welt auftrat. Das erste Mal verließ er 1990 seine Heimatinsel für eine Tour durch Australien, wo er beträchtlichen Erfolg hatte. 1997 wurde er in Australien mit dem Aria Music Award in der Kategorie „Best World Music Album“ ausgezeichnet. 1999 nahm George Telek sein zweites Soloalbum in England bei Peter Gabriel in den Real World Studios auf. Anschließend tourte er durch verschiedene europäische Länder und durch die USA, wo er in Seattle bei einem Womad-Festival vor etwa 20.000 Zuhörern auftrat. 2018 verstummte George Telek vorübergehend, da er sich, unterstützt von seiner großen Fangemeinde  einer durch Crowdfunding finanzierte Krebsoperation unterziehen mußte. Dank seiner Genesung wird eine der berühmtesten Stimmen des Pazifiks im Klangkosmos erklingen.

 
Emily Wurramara - Gitarre und Gesang
George Telek - Gitarre und Gesang


HomepageEmily Wurramara & George Telek (Australien) @ www.emilywurramara.com.au/ www.emilywurramara.com.au/
Emily Wurramara & George Telek (Australien) @ www.worldmusiccentral.org/2018/11/29/artist-profiles-george-telek/ www.worldmusiccentral.org/2018/11/29/artist-...
RadiomitschnittEmily Wurramara & George Telek (Australien) @ www.georgetelek.bandcamp.com/ www.georgetelek.bandcamp.com/
VideoEmily Wurramara & George Telek (Australien) @ Youtube-www.youtube.com/watch?v=Z_PUJ2S4uww www.youtube.com/watch?v=Z_PUJ2S4uww


Soundsnippets

Soundcloud Snippets www.emilywurramara.bandcamp.com/

Pressebild 1
681.37 KB
2637 x 1749
[download]

Pressebild
George Telek by Wantok


Pressebild 2
232.06 KB
1680 x 1120
[download]

Pressebild
Emily Wurramarra by Wantok


Pressebild 3
232.06 KB
1728 x 2592
[download]

Pressebild
Emily Wurramarra by Wantok


Das Profil wurde angelegt am [2020-03-10 16:12:39] durch Autor 5, zuletzt geändert [2020-11-16 12:41:44] durch Letzter Editor 5


Seite drucken Seite drucken